Warum die analoge Hochzeitsfotografie so besonders ist
Wir leben in einer Zeit der Überforderung. Alles ist zu voll und zu schnell. Vielleicht geht das aber auch nur mir so.
In der Hochzeitsbranche ist das Höher und Weiter schon längst angekommen, auch in der Hochzeitsfotografie. Es ist durchaus üblich, nach einer Hochzeit 800 Bilder auszuliefern. Das ist viel.
Und ist das wirklich nötig? Braucht es so viele Bilder, um ein tiefes Gefühl der Liebe zweier Menschen festzuhalten?
Bei der analogen Hochzeitsfotografie wird der große Tag durch die wunderbar minimalistische Filmfotografie festgehalten. Pro Kleinbildfilm stehen 36 Bilder zur Verfügung, im Mittelformat sogar nur 12 Aufnahmen. Allein durch das Material ist eine Beschränkung zu spüren, und zwar eine sehr gute. Kein Bild kann im Nachgang der Auslösung kontrolliert werden. Allein das führt zu einer konzentrierten und gelassenen Atmosphäre, die beruhigt.
Die analoge Hochzeitsfotografie passt nicht zu jedem
Nicht jedes Paar wird sich mit dem Gedanken wohlfühlen, sich mit dieser Art Fotografie begleiten zu lassen. Diesen Paaren würde ich auch sehr davon abraten. Schließlich sollen sie sich auf die Bilder freuen und nicht ihren Hochzeitstag mit Sorge darüber verbringen, ob die Bilder, die da gerade von ihren gemacht werden, letztlich überhaupt etwas werden.
Nein, diese Aufregung ist nicht für jeden. Die analoge Hochzeitsfotografie ist für Menschen, die sich das Besondere wünschen, die der Beliebigkeit entfliehen wollen und die auch glücklich wären, wenn sie am Ende nur ein Bild ihres Hochzeitstages in den Händen halten würden (das passiert natürlich nicht, aber es geht an der Stelle um den Spirit :).
Diese Paare werden nach ca. drei bis vier Wochen die Abzüge ihrer Hochzeitsbilder durchsehen und immer wieder staunen, wie schön dieser Tag war. Sie werden es genießen, jedes Bild als das anzusehen, was es ist: Auf Film festgehaltene Liebe.
Wie ich zur analogen Hochzeitsfotografie kam
Das ist schnell beantwortet: Als ich 1998 ernsthafter mit der Fotografie begann, gab es nur analoges Filmmaterial. Wenn ich für eine Hochzeit angefragt wurde, konnte ich „nur“ auf Film fotografieren.
Daraus ist natürlich eine Sicherheit entstanden, die mir heute sehr zugute kommt. Ich arbeite bei einer Hochzeit mit 2-3 Kameras (Nikon F3 und Nikon F5 sowie auf Wunsch Mittelformat Hasselblad 500CM), so dass ich immer sicher gehen kann, dass selbst bei Ausfall einer Kamera noch genügend Backups zur Verfügung stehen.
Oft wird mir gesagt, wie mutig es sei, auf Film zu fotografieren - dazu noch auf einer Hochzeit. Ich kann mich bei dieser Arbeit auf meine Erfahrung und das Material verlassen. Und das schafft eine professionelle Zuversicht.
Ein Hochzeitsbild auf Barytpapier
Da ich eine Hochzeit auf Farb- und Schwarz-weiß-Filmen (Farbe: Kodak Portra 400, Kodak Gold 200, Schwarz-weiß: Ilford HP5 Plus und Ilford HP4 Plus) festhalte, habe ich die Möglichkeit, dem Paar handgefertigte Barytabzüge ihrer Trauung zur Verfügung zu stellen. Diese Bilder sind wie ein kleiner Schatz. Menschen, die sich zur Haptik eines guten Papiers mit der Darstellung unendlich tiefer Schwarz-weiß-Töne hingezogen fühlen, werden so ein wertiges Bild sehr zu schätzen wissen.
Seit gut 25 Jahren entwickle ich meine Schwarz-weiß-Filme selbst und fertige in meiner Dunkelkammer hochwertige Silbergelatine-Prints an. Ein Handwerk, das gerade in unserer rasend schnellen Welt sehr erdend ist.
Es geht nicht nur um den LOOK
Ganz ehrlich: Wenn es darum geht, einem Bild einen analogen Look zu verleihen, gibt es sehr einfache Mittel, das zu tun: Der Markt ist voll mit gelungenen sogenannten Presets, die jedes noch so flach und langweilig aussehende Bild in ein körniges pastelliges „Analog“-Foto verwandeln können.
Aber geht es darum? Etwas aussehen zu lassen, was gar nicht so ist?
Meine Meinung ist da recht klar. Die Analogfotografie besticht nicht nur durch ihren Look. Vielmehr ist es die hoch konzentierte Aufnahmeart, die sie so unnachahmbar macht. Am Ende spürt diese konzentrierte Atmosphäre im Moment der Aufnahme nur der Fotografierende und das Brautpaar. Aber sie werden diesen Moment als etwas sehr besonderes noch lange nachspüren.
Wenn ich eine Hochzeit mit meinen analogen Spiegelreflex-Kameras (meist eine Nikon F5 und F3) begleite, dann wähle ich die zu fotografierenden Momente sehr genau aus. Ein jeder Film hat 36 Bilder. Digital wäre so eine Anzahl Bilder in vermutlich einer Minute voll, analog heißt es: hinsehen und hineinfühlen. Das ist für mich der große Unterschied. Auch das Paar spürt das, weil nicht permanent um es herum fotografiert wird.
Die Zeremonie wird nur durch ein leises „Klack“ hier und da einmal auditiv untermalt. Ein ehrlich gesagt sehr liebevolles Geräusch, das niemand als störend wahrnimmt.
Was, wenn keines der Bilder etwas wird?
Die Frage ist berechtigt und wird mir immer wieder gestellt. Sie ist übrigens IMMER berechtigt, auch bei der Digitalfotografie.
Wir wähnen uns mit den großen Speicherkarten und dem immer verfügbaren Kontrollbildschirm so sehr in Sicherheit. Doch oft habe ich schon im Fotografenkreis mitbekommen, wie gerade Speicherkarten unkontrollierbar einen Lesefehler haben können und die Daten nicht mehr herstellbar sind.
Der Analogfotografie wird oft nachgesagt, unkontrollierbar und fehleranfällig zu sein. Aber ehrlicherweise kann ein schwerwiegender Fehler sowohl in der Digital- als auch in der Analogfotografie geschehen.
Was ich damit zum Ausdruck bringen möchte: Es gibt keine Sicherheit, auch wenn wir uns diese so sehr wünschen. Weder in der Fotografie, noch im Leben generell. Das mag hart klingen, aber genau die Akzeptanz dessen führt dazu, mehr Gelassenheit zu leben. Und wirklich das Hier und Jetzt wahrzunehmen.
Wie ich Sicherheit in der Unsicherheit schaffe
Ich begleite Hochzeiten mit 3 (!) analogen Kameras und kann aufgrund meiner Erfahrung davon ausgehen, dass mindestens eine funktionieren wird. Letztlich habe ich dann Fotos aus drei Kameras und kann dem Hochzeitspaar eine Vielzahl einmaliger Momente ihrer wundervollen Hochzeit zeigen.
Was ist die Magie der Analogen Hochzeitsfotografie?
Es sind mehrere Aspekte, die mich und die anwesenden Personen immer wieder faszinieren und die die analoge Hochzeitsfotografie so besonders und eindrucksvoll machen:
Es gibt dank der analogen Eigenart keine Kontrolle des jeweiligen Moments. Wie oft wird beim digitalen Fotografieren nach dem Auslösen gleich der Blick auf den Kontrollbildschirm gerichtet, das Bild für „zu schlecht“ befunden und dann einfach nochmal gemacht.
Ja, diese Möglichkeiten sind toll und für viele Gelegenheiten ein hilfreicher Kontrollmechanismus.
Bei einer Hochzeit geht es für mich aber um etwas ganz anderes: Ein tiefer Akt der Verbundenheit wird gefeiert, eine besondere Verbindung zweier Menschen, begleitet von ihren liebsten Weggefährten. Da wird gelacht, da fließen Tränen vor Rührung. Dies durch ständigen Blick auf den Monitor zu verpassen wäre schade. Solche Momente analog auf Film festzuhalten stellt eine andere Tiefe dar, ähnlich der Liebe dieser zwei Menschen.
Sehr besonders, aber nicht für jeden das Richtige
Die analoge Hochzeitsfotografie ist sicher nicht für jedes Paar geeignet. Wer vom sogenannten Getting Ready bis zum letzten Tanz der Feier jede Sekunde fotografisch festgehalten wissen möchte, der sollte sich lieber mittels Digitalkamera von einem Profi fotografisch begleiten lassen.
Wer aber genau die kleinen zarten Momente festgehalten haben möchte, die so wertvoll und kaum zu erhaschen sind, wird sich an einem analogen Foto so viel mehr erfreuen, als an der Bilderflut des digitalen. Allein die Vorfreude auf die Bilder und das Sichten der Abzüge lässt das Paar noch einmal den wundervollen Tag durchleben.
Für mich persönlich ist es das Schönste, ein Fest in dieser Art fotografisch begleiten zu dürfen. Die besondere Verbindung zweier Menschen auf Film festzuhalten, für jetzt und immer.
ÜBER MICH
Hey, ich heiße Doreen Schwarz und fotografiere seit über 25 Jahren. Die Analogfotografie habe ich mir zunächst autodidaktisch beigebracht. Nach 10 Jahren wollte ich dann tiefer in die Welt der Fotografie eintauchen und habe Freie Kunst an der HBK Braunschweig studiert. Mit Diplom- und Meisterschülerabschluss bin ich als freiberufliche Portraitfotografin tätig, lebe mit meiner Familie in Bayreuth und gebe in eigenem Atelier mit Dunkelkammer mein Wissen an Analoginteressierte weiter. Für Shootings und Analogkurse werde ich deutschland- und europaweit gebucht.
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